Komponieren mit Musescore

• Mar 31, 2023 - 13:53

Hallo!

Ich bin neu hier und hätte eine vielleicht etwas ungewöhnliche Frage:

Ich bin gerade dabei, auf Musescore ein kleines Stück für Klavier zu schreiben. Nun besitze ich
jedoch selber kein Klavier mehr und kann mich daher klanglich nur am Musescore standard Klaviersound
(der Musescore Version 3.6.2) orientieren.

Ich finde diesen Klaviersound ansich gut - nun ist er jedoch naturgegeben etwas "massiver"
als ein echtes Instrument (insbesondere natürlich ohne Dynamik), was unter anderem dazu führt, dass z. B.
Dissonanzen etwas härter klingen, als auf einem echten Instrument.
Daraus hatte ich in der Vergangenheit abgeleitet, dass wenn eine Stelle über den standard Musescore
Klaviersound noch nicht zu dissonant klingt, sie auf einem echten Instrument erstrecht angenehm klingt.
Echte Klaviere scheinen mir bezüglich Dissonanzen milder / nachgiebiger.

Nun meine Frage an Euch und Eure Erfahrung: Würdet Ihr sagen, es ist eine grundsätzliche Faustregel
beim Klavierkomponieren auf Musescore, dass wenn es über den Standard-Klaviersound gut klingt, es
auf einem echten Instrument erstrecht gut klingt?
Oder habt Ihr auch schon Erfahrungen gemacht, dass Stellen auf einem echten Klavier (klanglich) überhaupt
nicht funktionieren, wenn es über den standard Musescore Klaviersound passt?

Natürlich, am Ende muss man immer alles auf einem echten Instrument gegenchecken, das ist
vollkommen klar - nur habe ich im Moment leider einfach nicht die Möglichkeit dazu, und daher
meine Frage an Eure Erfahrungen diesbezüglich!

Viele Grüße
Marek


Comments

Eine Frage, die weiter zielt als gedacht.
Zum einen verhalten sich Klaviere zueinander schon unterschiedlich, E-Piano zum Klavier sowieso und gesampelte Soundfonts sind dann nochmal etwas anders. Und dann spielt noch die Wiedergabetechnik und vor allem der Raum, in dem die Wiedergabe erfolgt, eine Rolle.
In erster Linie geht es ja erst einmal um die Komposition. Und da verläßt man sich auf das Gehörte. Danach würde ich dann verfeinern, in dem man andere Soundfonts verwendet (was man auch gleich von Anfang an machen kann/sollte). Es gibt da Soundfonts für (spezielle) Klaviere, die sind qualitativ hochwertig/höherwertiger. Erkennt man meist daran, das Soundfonts mit nur einem Klavier um die 1 GB groß sind.
Evtl. hast Du auch Freunde und/oder Bekannte, die eine erzeugte Mididatei an ihrem midifähigen Instrument für Dich abspielen (oder evtl. Aufnehmen, wo dann aber die Aufnahmetechnik [und bei akustischer Aufnahme der Raum] dann wieder mit reinspielt.)
Ich selbst habe mehrere Keyboards mit mehr oder weniger guten Klaviersound. Schlußendlich beurteile ich dann nach meinem Lieblingsgerät.

Drum mein Rat. Probiere mal bessere Soundfonts aus. Solange sie im sf2/sf3-Format vorliegen, kannst Du sie in Musescore verwenden.

Edit: Falls Du google als Suchmaschine einsetzt, kannst Du Dich ja mal beim Google-Angebot umschauen:
https://sites.google.com/site/soundfonts4u/
Etwas scrollen, da gibt es dann "Piano Only Sets".
Ich vermute mal, das man ab so 200/300mb Größe schon relativ gute Soundfonts erhält.

In reply to by tuxan

Vielen Dank für die Antwort!

Ja, Du hast natürlich Recht, auch alle ("echten") Klaviere / Flügel klingen unterschiedlich, und somit ergäbe sich mein Problem auf echten Instrumenten genauso - "wenn es auf meinem Wohnzimmer-Klavier gut klingt, würde es auf einem Konzertflügel im Konzertsaal auch gut klingen?"
Und umso mehr noch bei Digitalpianos.
Nun sind jedoch auch Digitalpianos mittlerweile in der Regel so ausgereift, dass ich persönlich jetzt keine Sorge hätte, dass eine Komposition, die auf einem Digitalpiano klanglich "funktioniert" auf einem echten Klavier grundsätzlich schlecht klingen könnte.

Der standard Musescore Klavier-Sound ist nun jedoch (bitte nicht missverstehen, ich finde ihn für einen
freierhältlichen Sound super und vollkommen ausreichend!) auch vielleicht nicht mit einem 1000Euro
Digitalpiano vergleichbar (bessere Soundfonts womöglich schon).

Es geht mir glaube ich daher (um die Frage einfach und allgemein zu halten) grundsätzlich darum, ob
ein Klavierstück, dass über so einen Piano-Sound "gut" klingt, auf einem echten, "analogen" Instrument
schlecht klingen kann.
Hat das schonmal jemand erlebt?
Oder klingt alles, was über Midi gut klingt, auf einem echten Instrument grundsätzlich immer noch besser?

In reply to by C.Classen

Naja, das eigentliche Problem ist die Anschlagsdynamik. Wenn in einem Akkord alle exakt gleichlaut klingen, ist das schon mal unnatürlich.
Von daher: In Musescore geschriebenes klingt immer etwas - ähm, künstlich. Es sei denn, Du gibst über ein Midikeyboard ein und übernimmst dessen Dynamik. Wobei - Dynamik bei elektronische Klaviatur und echte Klavierklaviatur sich unterscheiden. (Wenn ich auf Ideensuche bin und einen Midimitschnitt mache, habe ich viele Noten mit einer Anschlagsdynamik von unter 10 dabei; nur weil die Keyboardtastatur im Prinzip schon auf den leisesten Druck reagiert. Drum lösche ich alles, was im Anschlag einen Value kleiner 10 hat.)
Es ist immer eine Gradwanderung. Willst Du 'nur' eine reine Partitur erzeugen, sollte man das mit höherwertigen Soundfonts beurteilen können. Ansonsten, erleben läßt es einem eh nur der Interpret, so wie er es für richtig interpretiert hält.

Ich habe im vorhergehenden Post nochmal editiert und ein paar Links zu (ich glaube freien) Soundfonts hinzugefügt. Falls Du google meidest, mußt Du mal selber schauen. Ich könnte noch dies vorschlagen:
https://hilbricht.net/foss-sampled-instruments.html

In reply to by tuxan

Ja, das stimmt, ich denke auch, die mangelnde Anschlagsdynamik ist bei der Fragestellung die "Hauptmisere".
Allein deswegen klingt alles "von Menschenhand" gespielte schon deutlich differenzierter und feiner (und somit besser), vollkommen egal ob auf Digitalpiano oder Konzertflügel.

Um vielleicht mal ein konkretes Beispiel zu nennen, das mich auf meine Frage gebracht hat:
Ich habe hier eine dreistimmige kleine Kadenz, die auf einem Schlussklang endet, der lediglich
aus einer leeren Oktave besteht. Stilistisch passt das schon (das Stück ist an dieser Stelle grundsätzlich
klanglich etwas ausgedünnt und gezielt "fragil").

Mich hat nur überrascht, dass eine leere Oktave nach einer dreistimmigen Kadenz klanglich scheinbar
trägt. Man hat überhaupt nicht das Gefühl, dass es an dieser Stelle "zusammenklappt", sprich quasi "Schalldruck" oder klangliche Dichte fehlt.
Und da hätte ich einfach die Befürchtung, dass das auf einem echten (Digital-)Klavier nicht funktioniert.

Mein Kopf und meine Erfahrung sagen mir, eine leere Oktave als Schlussklang nach einer dreistimmigen Kadenz müsste eigentlich klanglich zusammenklappen.
Aber vielleicht in der speziellen Konstellation auch nicht, vielleicht würde es auf einem echten Instrument oder mit besseren Soundfonts genauso gut funktionieren.

Vielen Dank für die Links!

In reply to by C.Classen

Naja, das sind Dinge, die man nur am Instrument beurteilen kann.
Es ist ja nicht nur die Dynamik. Musescore spielt (falls Du nicht im Pianoroll etwas verändert hast) die zur exakt gleichen Zeit ab, das bedeutet, das Attack, Decay, Release exakt zusammenfallen und sich am am jeweiligen Maximum addieren. Das macht aber kein Mensch. Die Anschläge sind zu einer unterschiedlichen Zeit mit unterschiedlicher Intensität. Hier wird keine maximale Addition erreicht, im Gegenteil, es wird bis zu einem bestimmten Grad ausgelöscht. Darauf beruht wahrscheinlich Deine Erfahrung. In der 3.6.2 Version kannst Du im Pianoroll die Töne etwas zueinander verschieben. Evtl. spricht dann das Ergebnis eher dem, was Du erwarten würdest.

In reply to by tuxan

Ja, da hast Du wahrscheinlich Recht. Vielen Dank für die Tipps!

Also Fazit:

Klingt ein auf Musescore komponiertes Stück (mit dem standard Soundfont) auf einem
echten Instrument immer besser? Ja, wenn man sich an übliche (oder bereits
anderweitig erprobte) satztechnische Standards hält.
Klangliche Experimente können hingegen auf einem echten Instrument schlechter klingen.

Eine weitere Stelle, bei der ich mich das gefragt habe:
Bei einer "Spieluhr-artigen" Stelle (linke Hand Violinschlüssel) springt die Melodie auf ein
sehr hohes "h" (Terz der Harmonie).
Auf einem echten Klavier habe ich da die Befürchtung, dass die Klangsubstanz des Tons bei
dem hohen Register schon sehr niedrig wäre (und proportional dazu das überlagernde
Anschlagsgeräusch sehr hoch). Wie hörbar wäre dieser Ton noch in dieser Höhe, auch
wenn die Begleitung in der linken Hand recht transparent ist?
Über den Musescore standard Klavier-Soundfont kein Problem, alles ist klar und präsent.
Auf einem echten Klavier wäre ich mir da nicht so sicher.

Habe beide Notenbeispiele mal angehängt.

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In reply to by C.Classen

Da kann ich Dir wenig bis nichts sagen.
Und ja, Anschlagsgeräusche kommen ja auch noch obendrauf. Aber bei mir höre nur ich die (oder wer noch in meiner Nähe ist). Ein Vorteil von elektronisch erzeugten Tönen und kabelgebundener Weitergabe/Aufzeichnung.
Hab zwar schon einige Male an einem echten Klavier, auch Flügel gespielt, aber das war dann eher in einer lauten Umgebung und zu fortgeschrittener Stunde.

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