Projekt: Effiziente und kompakte Notation für Chromatische Kalimba

• 25. Jun 2018 - 11:34

siehe auch: Projekt zur Notation von Chromatischer Kalimba in Notation und Tabulatur

Entwicklung einer Kalimba-Notation

Ich beabsichtige, eine effiziente und gut lesbare Notation für Kalimba zu entwickeln. Es existiert bereits eine proprietäre Software namens KTab (Kalimba Tab), die im wesentlichen eine "Kalimba-Draufsicht" darstellt, in welche die anzuschlagenden Töne hinein gemalt werden - ähnlich wie bei Tabulaturen für Gitarre, Bass, Ukulele, Laute. Im Unterschied zur Gitarre hat aber jede Tonzunge der Kalima exakt einen Ton - es wird sozusagen immer nur die "Leersaite" angeschlagen, deren Tonhöhe unveränderbar ist.

Mein erster Ansatz war demnach, so etwas Ähnliches wie KTab mit Mitteln der freien Software MuseScore nachzubauen. Sehr schnell kam ich an Grenzen, denn es gibt ja nicht nur Kalimbas mit 4, 5, 7 oder 9 Tonzungen, sondern auch solche mit 15 und 17 Tonzungen - letztere sind gerade ziemlich populär (z.B. fernöstliche Marken wie Mugig, Gecko, Hammer, u.a.) - YouTube ist dein Freund!

Eine Tabulatur mit 17 neben einander liegenden Tonzungen ("Saiten") zu lesen und halbwegs zügig zu spielen, halte ich für eine heftige Herausforderung - Spaß macht das nicht. Richtig spannend wird es aber, wenn eine Chromatische Kalimba ins Spiel kommt: 15 Tonzungen auf der Vorderseite und 11 Tonzungen - unsichtbar, aber tastbar - auf der Rückseite. Wie soll man so etwas in eine Tabulatur notieren?

Chromatic.Alto_.Kalimba-15.11-Cmajor-G3.bis_.G5.jpg

Eine Tabulatur mit 26 Tonzungen (26 "Saiten")?

KTab macht das tatsächlich so - und setzt die unsichtbaren Rückseiten-Tonzungen einfach links und rechts neben die vorne sichtbaren. Intuitiv ist das definitv nicht, da die "unsichtbaren" Töne physikalisch ja genau unter den sichtbaren liegen und so relativ sicher ertastet werden können. In der KTab-Repräsentation muss man dagegen weit nach links oder rechts schauen - und richtig zählen - und dann die Nummer der unsichtbaren Tonzunge blind ertasten!

Im folgenden Bild (Partitur liegt an) sieht man oben meinen ersten Ansatz für Chromatische Kalimba 15.11, also mit 15 sichtbaren Tonzungen vorne und 11 unsichtbaren Tonzungen auf der Rückseite. Die zu spielenden sichtbaren Töne habe ich mit einer "1" markiert und die hinter einer dieser Tonzungen liegenden Töne auf der Rückseite zu spielenden mit "0".

FS-Chromatische.Kalimba-15.11-Entwicklung.TAB_.ähnlicher.Notation-1200x1200.png
Statt "1" (vorne) und "0" (hinten) hätte ich gerne andere Symbole genommen, aber die MuseScore-TABs brauchen diese Zahlen zur Kalkulation der Tonhöhe in Abhängigkeit des (bei Gitarre usw.) zu greifenden Bundes. In der anliegenden Partitur kann man in den "Einstellungen Notenzeile ..." nachsehen, wie ich diese 26-tönige Tabulatur (15-sichtbare Tonzungen als "1", 11 unsichtbare Tonzungen als "0") spielfähig und kopierfähig gemacht habe - und zwar sowohl von Notation zu TAB als auch von TAB zu Notation!

Unterhalb der Tabulatur befindet sich nun meine Entwicklung einer Notation, die auf der üblichen Notenschrift basiert, diese aber um zwei Attribute ergänzt: Farbe und ein dreieckiger Notenkopf. Durch diese Erweiterung ist es nun sehr einfach möglich, eine Kalimba-Tabulatur - ganz besonders auch für chromatische Kalimbas mit 25 bis 34 Tonzungen, die auf der Vorder- und Rückseite des Instruments angebracht sind, zu notieren. Die mit der Zahl der Tonzungen immer größer und unübersichtlicher werdenden Kalimba-Tabulaturen im Stile der Bekannten Gitarren-Tabulaturen (z.B. KTab) können auf diese Weise ersatzlos entfallen. Zusätzlich bleiben die musikalischen Stilelemente und Ausdrucksformen, wie Melodielinien, Phrasen und Artikulation erhalten. Nichts muss neu gelernt werden, es kommen lediglich zwei kleine Ergänzungen hinzu: Farbe, um anzuzeigen, auf welcher Seite der Kalimba der betreffende Ton zu finden ist und ein dreieckiger Kopf, falls dieser Ton auf der unsichtbaren Rückseite der Kalimba zu finden ist.

Nach einiger Eingewöhnung wäre die farbigen Notenköpfe sogar auch noch entbehrlich, wie ich gelegentlich zeigen werde.

Ich habe zu meinem Erstaunen festgestellt, dass ich mit meiner Chromatischen 15.11-Kalimba gut mit der Darstellung S1+S2 oder S3 zurecht komme - und dabei nur eine einzige Notenlinie benötige, anstelle einer KTab mit 26(!) Tonzungen, die zudem keinerlei Hinweise auf Stimmführung oder Phrasen zulässt, das musikalische Geschehen also nicht visualisiert. Auch die Tatsache, dass KTab eine proprietäre Software mit unbekanntem Quellcode (closed source) eines einzigen Entwicklers ist, ist heikel: Notenschrift existiert seit 100 Jahren und ist weltweit verbreitet. KTab ist dagegen ein 1-Mann-Projekt, dessen Fortbestand von eben dieser einen Person abhängt. Schon jetzt wird es offensichtlich nicht mehr weiter entwickelt und die Anwendung wird unübersichtlicher, je mehr Tonzungen eine Kalimba hat.

Kommentare, Ergänzungen, Vorschläge und vor allem Praxistests willkommen!

– EsDur

TAGS: kalimba, karimba, mbira, sansula, ktab, tabulatur, tab


Comments

Wenn ich es richtig verstehe, geht es dir um S3 und alle blauen Noten=Notenhals nach oben/rote Noten=Notenhals nach unten. Bei unterschiedlichen Notenwerten wird es immer ein Mix aus Verwendung unterschiedlicher Stimmen bleiben. Man kann aber zum Glück Pausen einer Stimme unsichtbar machen, mit Tastenkürzel "x" (oder über den Inspekteur oder Rechtsklick Notenhälse umdrehen); in den letzten Takten habe ich beispielhaft den horizontalen Versatz von "Akkorden"(=Notenkopf+Notenhals+Fähnchen) geändert (es widerstrebt mir irgendwie, wenn sich Noten unterschiedlicher Notenwerte den selben Notenhals teilen) - muss man aber nicht machen; zudem z.T. die Überlappung von Balken mit anderen Noten per Doppelklick geändert.

Kommt dies deinen Vorstellungen näher?

(liebäugele selbst schon seit Jahren immer mal mit einer Tavalimba, hab's bisher nur noch nie in die Tat umgesetzt ;-).

Anmerkung: nochmal leicht geändert.

Antwort auf von kuwitt

Danke für deinen Einsatz! Ich bin noch unschlüssig, welche Darstellung mir besser - oder besser gesagt: überhaupt! - gefällt. Jetzt bin ich erstmal ein paar Tage verreist und danach werde ich mir weiter Gedanken darüber machen, vor allem auch im Hinblick auf den Workflow der Kalimba-Notation: Möglichst wenig eingeben müssen, möglichst effizient die Darstellung optimieren ... ich hoffe, da wächst etwas praktikables heran.

Aus der Sicht des MuseScore-Anwenders soll es ja möglichst leicht, schnell und fehlerfrei einzugeben und zu gestalten sein. Aus der Sicht des Noten-Nutzers muss das Notenbild auf jeden Fall intuitiv (oder: gut nachvollziehbar) sein. Mal sehen ...

Weitere Anregungen, Vorschläge, Beispiele, Kritikpunkte jederzeit willkommen!

– EsDur

TAGS: chromatische kalimba, kalimba, karimba, sansula, mbira, tavalimba, tabulatur, ktab

Antwort auf von EsDur

Was ich mir auch vorstellen könnte (möglichst wenig Eingabe isses zwar nicht ;-), aber vielleicht praktikabel im Notenbild?): Anstatt der Notenhalsrichtung als Orientierung für Rechts/Links angelehnt aus der Trommelnotation Buchstaben über oder unter der Notenzeile zu verwenden (hier Liedtext verwendet).

Antwort auf von kuwitt

Rechts / links ist gar nicht mal so dramatisch ... das könnte man sogar mit einem schwarzen permanenten Fineliner auf die Tonzungen schreiben. Machen wohl auch einige so.

Der Knackpunkt ist das Auffinden der richtigen Töne, die unsichtbar auf der Rückseite der chromatische Kalimba liegen - 17 Tonzungen vorne, 17 Tonzungen hinten. Vorne üblicherweise mit dem Daumen zu spielen, hinten nehme ich gerne die Mittelfinger, zu den Rändern hin auch mal die Zeigefinger.

Die Botschaft, die die Notation im Einzelfall vermitteln sollte, heißt beispielsweise: "Der an dieser Stelle zu spielende Ton befindet sich auf der unsichtbaren Rückseite der Kalimba an der Position der fünften Tonzunge von links" ... oder weniger prosaisch: "Spiele jetzt den Ton, der sich "unterhalb" der fünften Tonzunge von links befindet".

Bei der chromatischen 17.17 Kalimba gibt es übrigens auch noch 4 gedoppelte Töne, also jeweils 2 Tonzungen, die exakt gleich gestimmt sind: Die eine befindet sich "hier" und die andere "da" - sie sind redundant, können aber in vielen Fällen den Spielfluss erheblich begünstigen.

Die Tavalimba ist ja eigentlich von der Bauform her eine KaRimba, keine Kalimba. Sie ist zweireihig und prinzipiell wie eine Klaviatur zu spielen - bloß mit einer etwas "gewöhnungsbedürftigen" Anordnung der jeweiligen "schwarzen Tasten", die ja auch "irgendwo" liegen können ... :)

Antwort auf von EsDur

Puuh, die Feinheiten zwischen Tavalimba, Kalimba, Karimba, Lamellophon (z.B. Mbira u.a.) - und was es noch alles gibt - auseineinderzuhalten, bin ich jetzt wirklich überfordert, aber lerne immer wieder gerne dazu ;-).

Wenn ich kurz zur meiner Tavalimba abschweifen darf: Stimmt, die Lage der 27 Töne sind anders als beim Klavier (nicht nur der schwarzen Tasten) angeordnet, aber, wenn man sich mit Akkorden ein wenig auskennt, entsprechen einer durchschaubaren Logik (auch wenn ich nach einer guten Woche gerade Mal "Guten Abend, gute Nacht" darauf als Arrangement frei spielen kann ;-).

Zurück zu deinem Anliegen und deinem Instrument: (Auch wenn jeder einen anderen Zugang zum Erlernen eines Instruments hat) Mich würde sowohl Farbe als auch Notenkopf als auch Notenhals vielleicht bei der Orientierung überfordern.
Wenn du schreibst Rechts/Links sei nicht das Problem, könnte man es für hinten nicht bei dem veränderten Notenkopf belassen und für diese ggfs. analog dem Fingersatz die Position als Notenzeilentext darüber notieren?

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